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Tage der Verführung - Meine SL-Geschichte
- Oliver107
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sollte ich mit meiner Bemerkung zu dem verunglückten "R" versehentlich die langen 115er/123er oder 124er Fahrgestelle und die damit verbundenen Umbauten von Binz und Pollmann in Mißkredit gebracht haben, so täte mir das selbstverständlich Leid. Nein, so das war nicht gemeint!
Ich dufte Anfang der 90er Jahre verschiedene lange 300 TD (W123) und 250 TD (W124) mit Umbauten von Binz fahren. Die waren allerdings nicht schwarz sondern Elfenbeinfarben mit leuchtroten Streifen und hatten es manchmal etwas eiliger als ihre schwarzen Schwester-Modelle,.
Einweisung am ersten Tag durch Kollegen: "Immer Vollgas!"
Auf einer Verlegungsfahrt zum Bodensee mit dem 124er haben wir mal überlegt, ob man nicht spürbar schneller wäre, wenn man den cw-wert-feindlichen Hella-Balken auf dem Dach abmontieren würde. Andererseits hatte gerade dieses Teil (manche haben es die "die bei Mercedes eingebaute Vorfahrt" genannt) innerstädtisch das Fahrzeug unbestreitbar schneller gemacht.
Der "Kompromiss" war, dass wir eines Tages mal bei AMG in Affalterbach vorbeigefahren sind und nach ein paar Aufklebern gefragt haben, welche uns gerne gegeben wurden. "Mein" Krankentransportwagen war nach meinem Zivildienstende dann noch viele Jahre mit originalem AMG-Schriftzug unterwegs.
Also: Ich hatte auch schon mal nen AMG-Mercedes!
Viele Grüße
Oliver
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- FrankEinsNullSieben
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On 2012-05-16 08:34, schwobapfeil wrote:
Sag mal Frank, hast Du dem auch noch nen M100 eingepflanzt?
Schön gemacht
Natürlich nicht, für den M100 hab ich eine angemessene Umgebung gebaut, den hab ich sehr gern für diverse Modelle verwendet ...
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Thomas, den Frua-Pagodenkombi hab ich (zum Glück) erst entdeckt, als meiner schon lange fertig und fast vergessen war, der hätte mich irritiert
(Gehört meiner Meinung nach zu den weniger geglückten Frua-Designs)
Grüße, Frank
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herzlichen Dank für die schöne Geschichte. Das ist das Salz in unserem Forum. Jetzt lebt der Abhol-Tag (06/2007) unseres 107er wieder neu auf. Schön daran erinnert zu werden.
Ich wünsche euch viel Glück mit dem neuen Auto und möge der Virus lange überleben.
Gruß
Michael
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mich freut, dass meine niedergeschriebene Geschichte offensichtlich bei vielen hier Gefallen findet.
Dies bestärkt mich, eine zweite, ebenfalls authentische Begebenheit, welche bereits angearbeitet ist, hier auch zu veröffentlichen.
Da ich in Ermangelung von Schraubererfahrung (noch!) nicht mit DEM technischen Verständnis glänzen kann wie viele andere Mitglieder hier, könnte ich zumindest auf dieser Schiene vorerst meinen Gestaltungsbeitrag hier bei SZ leisten.
Also, lasst mich wissen, ob wir uns hier gemeinsam an dieser Stelle von Zeit zu Zeit zum Lesen, Kommentieren und dem Austausch von lebensnahen Anekdoten einfinden wollen...
Ich würde den Kamin präventiv schon mal einheizen und die Ledersessel zurechtrücken!
Viele Grüße an alle
Uli
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- topi
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ich bin gerne dabei, wenn es denn auch einen guten Rotwein gibt
Thomas
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- topi
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Nachdem Uli so schön die Geschichte seiner Verführung erzählt hat, möchte ich ein bisschen nostalgisch werden und meinen Weg zum 107er erzählen.
Meine Mercedes-Geschichte beginnt anno 1964. In meinem Geburtsjahr fuhr mein Vater noch einen schwarzen 1500er VW Karmann Ghia, dem wenige Monate später sein erster Mercedes, ein gebrauchter 190DC folgte. Dieses Fahrzeug begleitete die ersten 6 Jahre meiner Kindheit, in Erinnerung geblieben sind mir noch die Farbe (eine Art graublau) und der riesige Kofferraum. Es existieren noch ein paar Aufnahmen, die vermutlich auch dazu beigetragen haben, meine Erinnerungen frisch zu halten.
Im Alter von 6 Jahren begann ich mich aktiv mit Mercedes zu beschäftigen, als nämlich im Jahr 1970 mein Vater einen niegelnagelneuen 200/8 in elfenbeinweiß kaufte. Das Fahrzeug musste natürlich regelmäßig gewaschen und poliert werden und ich verbrachte in den nächsten 6 Jahren viele Stunden, vermutlich eher Wochen, mit diesen Tätigkeiten. Anfangs begrenzten sich meine Arbeiten auf Hilfstätigkeiten zur Unterstützung von Papa, meist unter der Gürtellinie des Fahrzeugs. Mit besonderem Eifer widmete ich mich der Beseitigung toter Insektenkadaver, die sich großflächig auf den Frontblechen zwischen Kühlermaske und Scheinwerfern ansiedelten. Für das Reinigen der Dachflächen benötigte ich in den ersten Jahren einen Hocker, der bis zum heutigen Tage im Keller meiner Eltern steht. Es machte mir riesigen Spaß und ich wurde oftmals auch noch mit einem kleinen Taschengeld belohnt. Noch heute erinnere ich mich an viele Details dieses Fahrzeuges. Es hatte eine rote Innenausstattung, das einzige Zubehör war ein Radio. Über die Frontsitze zogen meine Eltern vorsorglich Lammfelle, zum Schutze des Lieblings. Die Drehknöpfe zum Öffnen der kleinen vorderen Ausstellfenster, der relativ lange Schalthebel in der Mittelkonsole und der Geruch – Dinge, die ich nicht vergessen werde.
1976, ich war damals 12, musste dann etwas Leistungsstärkeres her, in Form eines Coupes 280CE/8. 185PS, Einspritzer, ein damaliger Traum. Dieses Fahrzeug besaß eine blaue MB Tex-Ausstattung, Automatik, elektrische FH, Radio und eine elektr. Antenne, sowie ein Schiebedach. Wer im Hochsommer mit kurzen Hosen auf blauen Kunststoffsitzbezügen gesessen hat, wird dies wohl ebenso wenig vergessen wie ich.
Auch diesem Fahrzeug widmete ich mich fast hingebungsvoll und es mögen nur wenige Tage im Jahr gewesen sein, an denen der weiße Lack nicht glänzte. Einen weiteren Anreiz zur sorgfältigen Pflege bekam ich mit etwa 14, als mich mein Vater das erste Mal auf einem Feldweg fahren ließ und ich ab diesem Zeitpunkt den Wagen zum Waschen selbst aus und in die Garage fahren durfte. Am liebsten hätte ich den 280er dreimal täglich gewaschen, nur um in den Genuss der wenigen Sekunden Fahrspaß zu gelangen.
Für mich stand damals schon fest: Wenn ich einmal groß bin, will ich auch einen tollen Mercedes fahren. Im Freundes- und Bekanntenkreis fand ich genügend Vorbilder, die mich auch gleich zur notwendigen Berufswahl inspirierten. Da war der Rechtsanwalt mit einem goldfarbenen SLC, der Hausarzt mit seinem dunkelblauen W116 oder ein guter Freund der Familie mit seinem silbernen 280CE/W123. Letzterer erkannte auch meinen Spleen für Mercedes und bot mir an, seinen Wagen in regelmäßigen Abständen zu waschen und zu polieren. Zu diesem Zeitpunkt mag ich 15 gewesen sein und wir profitierten beide davon. Er sparte am schon damals teuren Pflegeservice bei DB und ich sparte sein großzügiges Entgelt auf meinem Sparbuch an – zum späteren Kauf meines ersten Autos.
Bis dahin sollte es aber noch ein paar Jahre dauern, während deren mein Vater den 280CE/8 gegen einen 280S/W116 eintauschte. An dieses Fahrzeug erinnere ich mich besonders gut, vor allem an die für damalige Zeit unauffällige Farbkombination: außen kaledoniengrün – innen braun. Der Wagen, den ich auch nach meinem Führerscheinerwerb hin und wieder fahren durfte, war für meine damaligen Verhältnisse ein Traum von einem Fahrzeug.
Es ist nicht gelogen, dass mein damaliger (und bis heute anhaltender Enthusiasmus) für schöne und große Mercedes tatsächlich Einfluss auf meinen Werdegang übte. Nach verschiedenen Berufs“ideen“ setzte ich mir schließlich in den Kopf Zahnarzt zu werden. Diese Entscheidung beruhte selbstverständlich nicht nur auf dem Streben nach einem dicken Benz, sondern auch auf meinen Interessen an Medizin und Wissenschaft, die ich zum Glück auch in meinem heutigen Beruf ausleben kann. Da ich aufgrund des damaligen Losverfahrens keinen Studienplatz erhielt, gingen meine Überlegungen sogar soweit, mich bei der Bundeswehr eines Studienplatzes wegen zu verpflichten. Mein Wehrdienst ernüchterte mich bald und so entschied ich mich später zu einem Ingenieurstudium; eine Entscheidung, die ich nie bereut habe.
Aber zurück zu den Autos. Mit 17 glaubte ich so viel Geld angespart zu haben, mir meinen ersten Wagen kaufen zu können. Mein Vater schlug einen R4 oder einen Käfer vor. Ich verstand die Welt nicht mehr – ich wollte ein Auto und kein Fortbewegungsmittel. Es musste etwas Richtiges und Modernes her. Mercedes kam aufgrund meiner finanziellen Situation noch nicht in Frage. Ob es genetisch bedingt ist oder ob ich durch meine erste Fahrt Im Leben nach der Geburt in o.g. Karmann Ghia geprägt wurde – ich weiß es nicht.
Jedenfalls entschied ich mich für einen VW Scirocco. Da stand er nun, in sonnengelb und die Zeit bis zur Erlangung des Führerscheins erschien unendlich. Ich nutzte die Zeit zur Pflege und des Tunings (u.a. durch Einbau einer Quartzuhr  und das gelegentliche Hin- und Herfahren auf dem Hof. Nach Erlangung des Führerscheins strebte ich schon bald nach Höherem und verkaufte den Scirocco mit Gewinn, um mir einen BMW 316 zuzulegen.
Das war der Beginn einer 8 Jahre anhaltenden BMW-Phase, in der ich vom 4- bis zum 8-Zylinder verschiedene Modelle bewegte. Zu dieser Zeit gefielen mir die aktuellen Mercedes-Modelle überhaupt nicht und die, die mir gefielen, konnte ich mir nicht leisten.
1996 stand ich dann vor der nächsten großen vehicularen Entscheidung: Porsche 911 gegen Mercedes R129. Die Arroganz des Verkäufers im hiesigen Porschezentrum, der mich wohl für nicht zahlungs- oder eher nicht porschefahrenswürdig hielt, ließ den Gedanken, das Fahrzeug zu erwerben und mich womöglich zu derselben Kaste von Porschefahrern zählen zu müssen (alle hier mitlesenden Porschefahrer sind selbstverständlich nicht gemeint) ganz schnell verwerfen.
So wurde es dann der R129, mein damaliger großer Traum, den ich bis heute noch besitze. Das Fahrzeug bewegte ich täglich bei jedem Wetter und er versagte nie seine Dienste. Die Qualität der Elektronik und der vielen Kunststoffteile lasse ich hier allerdings außen vor. Jedenfalls verursachte der 129er in mir einen neuen Fieberschub. Als ich 2000 in den Genuss eines Dienstwagens kam degradierte ich den 129er zu einem Schönwetterfahrzeug und ließ ihm all die Pflege zukommen, die er in den Jahren zuvor vermissen musste. Jetzt, wo er so schön dastand, gab es an dem Fahrzeug nichts mehr zu tun. Den Enthusiasmus aus meiner Kindheit für Fahrzeugwäschen und –polituren hegte ich nicht mehr in gleichem Maße, sondern begeisterte mich immer mehr für das Schrauben. Auslöser war hierfür ebenfalls der 129er. Reparaturen, an denen meine DB-Niederlassung scheiterte wurden schließlich erfolgreich von mir ausgeführt, nachdem ich mir alle erhältliche Werkstattliteratur und Dokumentationen besorgt hatte. Irgendwann gab es dann nichts mehr an dem Wagen zu schrauben und der Gedanke an einen Young- oder Oldtimer manifestierte sich in mir. Es sollte ein Mercedes sein und da es mir die SL-Reihen seit jeher angetan hatten, stand die Wahl in Bezug auf mein vorhandenes Budget schnell fest.
Ein 107er sollte es sein. Silber, damit er geschwisterlich zum 129er passt, dunkelblau oder auch weiß – das waren meine anfänglichen Farbwünsche.
Es folgte eine Vielzahl von Besichtigungen (schon damals hatte ich die Checkliste aus diesem Forum dabei), die alle ernüchternd oder gar zerschmetternd endeten. Legte ich zu Beginn meiner Suche noch größere Strecken für Besichtigungen zurück, beschränkte ich mich danach auf einen Radius von ca. 100km um meinen Wohnort. Auch der siebte, achte oder war es vielleicht sogar der zehnte SL hielt bei weitem nicht das, was in den Anzeigen und vielen Telefonaten beschrieben wurde. Das war vor 8 Jahren nicht anders als heute.
Ich war schon kurz davor, den Wunsch nach einem 107er SL zu überdenken oder das Budget zu erhöhen, als mir in einem Onlineportal eine ganz neue Anzeige auffiel. Mein Rechner lief damals nahezu online, ich kannte jedes Inserat im nahen Umkreis auswendig.
Aber diesmal sollte alles stimmen. Ein weißer 350SL, ein frühes Baujahr, in cremeweiß mit blauer Lederausstattung. Keine 50km von mir entfernt. Vom Eigentümer eines dort ansässigen und renommierten Autohauses (für japanische Fahrzeuge) restauriert und in der eigenen Lackiererei lackiert. Die Bilder sprachen für sich, er sah tatsächlich aus wie ein Neuwagen. Und der Preis lag an der oberen Grenze meines Budgets. Es war schon gegen Abend und ich hoffte, noch heute einen Termin vereinbaren zu können. Solch ein Wagen steht nicht lange. Also zum Telefon gegriffen und die angegebene Nummer gewählt. Niemand hebt ab; es folgten noch einige weitere Versuche bis, ja bis endlich ganz spät abends eine Dame am Telefon war. Ihr Lebensgefährte sei nicht da, der Wagen aber noch nicht verkauft. Keine meiner Fragen nach Besonderheiten oder Mängeln konnte sie beantworten. Ihr Lebensgefährte würde mich aber gleich am nächsten Tag zurückrufen.
Wie ein Kind, das sich auf Weihnachten freut fieberte ich dem nächsten Tag entgegen. Doch es gab keinen Rückruf. Ich zögerte, ob ich es nochmals versuchen sollte oder besser warten. Gegen Mittag siegte die Ungeduld und ich hatte tatsächlich den Eigentümer am Apparat. Ich könnte mir den Wagen abends anschauen und mir selbst ein Bild vom guten Zustand machen. Aufgerufen waren von ihm damals 16.500€ (im Jahre 2004).
Abends dann hingefahren und direkt vor dem Autohaus geparkt, wo gerade Feierabend eingeläutet wurde. Der Eigentümer sei nicht da, wohnt aber direkt gegenüber. Dort, in seinem Privathaus traf ich ihn dann auch an. Der Wagen stand nicht in der Garage, sondern in einer Art Schuppen hinter einem Wohnmobil. Er hoffe, dass der Wagen anspringe, denn er sei lange nicht mehr bewegt worden. Was ich dann sah übertraf alle meine Vorstellungen. Eingehüllt in eine Staubschicht stand er da. Ein Vorderreifen platt – doch was waren das für schwarz lackierte Barockfelgen? Das Fahrzeug war in der Tat neu lackiert, eine Art Sonderlackierung mit lang verlaufenden Farbnasen und teilweise überlackierten Dichtungen. Die Innenausstattung hatte den Charme einer Altmöbelsammlung und in der Kofferraummulde befand sich ein faustgroßes Loch. Das sei kein Problem, meinte der Eigentümer, er könne es gerne noch zuschweißen. Der Preis sei nicht verhandelbar war seine Antwort auf meinen Kommentar, dass der Wagen nicht mal die Hälfte wert sei und eher zum Ausschlachten dienen könne. Er war sichtlich pikiert und ich weiß bis heute nicht, ob er vielleicht selbst geglaubt hat, was er erzählte. Das Fahrzeug stand noch viele Monate später im Internet. Ob es sich bei dem Fahrzeug auf den Bildern im Online-Portal um dasselbe gehandelt hat, weiß ich nicht. Alleine die Farbe der Felgen spricht dagegen.
Von diesem Moment an kehrte bei mir eine Sinneswandlung ein, Fahrzeuge zukünftig ohne Emotionen und nur noch mit nüchternem Verstand unter die Lupe nehmen zu wollen.
Mit genau dieser Einstellung ging ich wenige Tage später das nächste Fahrzeug anschauen. Es entsprach zwar nicht meinen Farbvorstellungen, aber anschauen wollte ich es, da es nur 40km entfernt stand.
Empfangen wurde ich von einem alten Ehepaar, denen man ihren Wehmut schon von den Gesichtern ablesen konnte. Man habe ein Alter erreicht, in dem zwei Oldtimer zu viel seien. Und so fiel die Entscheidung, den Borgward Isabella Coupe zu behalten und den 107er zu verkaufen. Ich wurde zur Garage geführt, die vermutlich besser ausgestattet war als manches Kinderzimmer. Das Tor ging auf, mein Blick fiel auf ein mit Betttüchern eingehülltes Cabrio, das auf einem großen „Perserteppich“ stand. Dann legte ihn der Besitzer frei und enthüllte seinen SL, im Farbton manganbraun-metallic. Es folgte eine lange Besichtigungsphase, gefolgt von einer ausgedehnten Probefahrt. Der Besitzer, damals Mitglied im Club, hatte sich stets um den Wagen gekümmert, ihn gehegt und gepflegt und alle Wartungen durchführen lassen. Er nannte mir auch alle ihm bekannten Schwachstellen und hat (das kann ich heute nach 8 Jahren sagen), nichts verschwiegen. Der Preis war mehr als fair, die Farbe gewöhnungsbedürftig, doch dafür selten; richtig störten mich die goldfarbenen BBS-Felgen, der Radlaufchrom und der Lorinser Frontspoiler. Ich bat um eine Nacht zum Überdenken und entschied mich letztendlich für den Wagen. Diese Entscheidung war im Grunde schon am Vortag gefallen, doch diesmal sollte der Verstand auch mal eine Chance erhalten.
Die Abholung verlief dann richtig sentimental. Bei Kaffee und Kuchen wurde der Vertrag unterschrieben. Ein Bild von meinem 129er und meine Schilderungen über meine Liebe zu Mercedes schien die Beiden dann doch zu beruhigen. Ich versprach, dass ihr Auto in gute Hände kommt. Der alte Herr legte noch ein paar Ersatzteile bei und einen Satz Winterreifen. Ich werde nie vergessen, wie seine Frau noch kurz vor meiner Abfahrt mit einem Staubtuch über die Motorhaube wischte und die Beiden mir nachwinkten.
Vor ca. 2 Jahren habe ich zum letzten Mal Kontakt aufnehmen wollen und musste erfahren, dass der ehemalige Besitzer schwer krank sei und nicht mehr zu Hause lebe. Schade.
Jetzt gesellt sich der mangan-braune 350SL bereits seit 8 Jahren neben meinem 129er und anderen und scheint sich pudelwohl zu fühlen. Mittlerweile kenne ich jede Schraube von ihm und möchte ihn nicht mehr hergeben. Die einzigen Veränderungen die ich vorgenommen habe waren der Rückbau von Felgen, Chrom und Spoiler. Die Fabre „braun“ ist aktuell auch noch im Trend; was will man mehr?
Ich freue mich immer, wenn ich die Garage öffne und mich der Wagen anlächelt – hoffentlich noch viele Jahrzehnte.
Thomas
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- UB999
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Mein Kompliment an Dich! Beim Lesen Deiner Zeilen wurde ich in meine Kindheit zurückversetzt - Du hast eben genau dieses Gefühl beschrieben, welches eigentlich nicht beschreibbar ist, bzw. vom "Nichtkenner" niemals verstanden werden wird - nämlich das Hoch und der Stolz, sowie die an den Tag gelegte Pingeligkeit bei der regelmäßigen Pflege des elterlichen Fuhrparks.
Nie im Leben habe ich mein eigenes Fahrrad so geputzt und verhätschelt, wie das Auto meines Vaters oder Großvaters. Verstanden hat das damals schon niemand...
Deine fortlaufenden Beschreibungen zum eigenen ersten Wagen, der nicht gefahren werden durfte, weil der Führerschein noch nicht in der Tasche steckte - ich habe geschmunzelt, da sich genau dieses Schauspiel bei mir, nur 11 Jahre später, abtat. Der erste selbstfinanzierte Golf (Papa bestand auf den Golf!) steht in der Einfahrt, Radio rein, Auto putzen, saugen, polieren. Radio wieder raus, ein Anderes rein, und so weiter. Ständig DEN Tag des Führerscheinerwerbs herbeigesehnt.... Wundervoll...
Die leidvollen Erfahrungen mit geschönten Offerten von 107ern haben sicher die Meisten hinter sich - leider. Aber auch hier muss man die Dinge realistisch sehen - gute Wagen gibt es nicht für kleines Geld, auch scheinen die ahnungslosen Verkäufer ausgestorben zu sein. Kurzum, auf Schnäppchen zu warten ist an dieser Stelle mit der Wahrscheinlichkeit eines Lottogewinnes gleichzusetzen.
Einen wunderschönen Wagen hast Du da - darauf ein Glas vom guten Rotwein! Cheers, auf Dich, Deine Story und Deinen 107er!
Uli
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danke für die Blumen.
So waren sie eben, die 70er. Haus, Auto, Garten und eine "kleine" Familie, das ganze gepaart mit etwas Spießigkeit aber mit viel mehr Lebensfreude und Optimismus als in heutigen Zeiten. So empfinde ich es bzw. halte ich es in meinen Erinnerungen.
Es wäre schön, wenn hier die/der eine oder andere auch ihre/seine Geschichte zum Besten gibt.
Wünsche allen schöne Pfingsten.
Nostalgische Grüße,
Thomas
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Um die Kurve hier hin vielleicht gleich zu nehmen, ein paar Gedanken und Ansichten zu den eben genannten, goldenen 70ern und 80ern meinerseits:
Persönlich bin ich keiner, der alten Zeiten hinterhertrauert oder melancholisch an Geschehenes zurückdenkt. Sicher gibt es im Leben immer die eine oder andere Anekdote, die immer in Erinnerung bleiben wird - und das ist auch gut so.
Bedeutend ist stets das Jetzt und Hier, unter bestimmten Gesichtspunkten auch noch das, was in Zukunft sein wird, bzw. sein könnte. Vergangenes ist niemals änderbar, Zukünftiges nur im Wesentlichen beeinflussbar.
Dennoch, und ich denke, da sind wir uns einig, bestehen die "Grundpfosten" aus Haus (oder einer schönen Wohnung), Familie, Urlaub und einem gescheiten Job, welcher für die Finanzierung des gesamten Spaßes in den meißten Fällen die entsprechende Grundlage bildet.
Um so besser, wenn man sich, so wie alle hier, dann zusätzlich noch Gedanken um ein Hobby machen kann, welches vier Räder, mitunter Rost und teilweise ein fehlendes Dach hat.
Uli[ Diese Nachricht wurde bearbeitet von : UB999 am 25-05-2012 10:52 ]
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Gruß,
Thomas
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